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Stau nehmen die Fahrer sportlich. Ein Dutzend Paddelboote in
Grün, Orange und Blau dümpelt vor den geschlossenen Toren der
Schleuse in Leipzig-Connewitz vor sich hin, bis es endlich
losgeht. Sie wollen weiter, gen Süden, Richtung Cospudener See.
Die Herbstsonne strahlt, das Wasser gluckst, die Stimmung ist
gelassen. Vor den Ausflüglern liegt eine an-derthalbstündige
Wassersafari durch den verschlungenen, wildromantischen
Floßgraben. Ein Stück Urwald mitten in Leipzig.
Seit vergangenem Sommer fuhrt „Kurs 1″ durchgängig vom Stadthafen an der Kreuzung Friedrich-Ebert-/Käthe-Kollwitz-Straße bis zur neuen Seenlandschaft im Süden der Stadt, der „Costa Cospuda“. Eine solche Wasserverbindung zwischen Großstadt und Baderevier gibt es sonst nirgends in Deutschland, sagen Tourismusexperten. Kein Wunder, dass die Leipziger Wasser-Branche sich rasant entwickelt. An manchen Tagen des Sommers waren erstmals kein Boot und kein Platz auf den Ausflugsschiffen mehr zu bekommen, sagt Angela Zabojnik vom Umweltamt der
Stadt Leipzig. 370 Boote wurden an manchen Tagen auf dem Floßgraben gezählt, insgesamt 12000 seit Eröffnung des Parcours im Juli.
Und das Streckenangebot wächst mit der Verwandlung der alten Braunkohlelandschaft zusehends. Nächstes Jahr soll auch der Störmthaler See etwas weiter südlich seinen endgültigen Wasserstand erreichen und im Herbst die 4,6 Millionen Euro teure Kanuparkschleuse eröffnet werden. Sie führt künftig zum Markkleeberger See mit seinem belebten Wildwasserrafting-Parcours.
Ab 2012 dürfte es dann auch am Störmthaler richtig losgehen. Künstlerische Veranstaltungen in der schwimmenden Kirche Vineta und Touren mit einem Amphibienfahrzeug gibt es schon. Das Highfield-Rockfestival zieht seit zwei Sommern Zigtausende Musikfans an. Ein Wassersportzentrum mit Kanuregattastrecke, Segelhafen und Ferienwohnungen ist in Vorbereitung. Ein Bergbautechnik-Park als eine Art Freilichtmuseum entsteht. Als letzte „Badewanne“ läuft schließlich 2016 der Zwenkauer See voll; er wird mit knapp zehn Quadratkilometern größer sein als der Tegernsee in Bayern.
Insgesamt gibt es dann 15 Seen im Südraum von Leipzig. Und mehr als in der Lausitz ist in diese Süd-seenlandschaft agiles maritimes Leben eingezogen. Am Pier 1 des Cospudener Sees herrscht von Frühjahr bis Herbst Urlaubsstimmung. Die Strände sind voll, Gastronomie und Sportstätten sind gut gebucht. Die Leipziger Industrie-und Handelskammer zählte vor einem Jahr weit über 100 Tourismus-Unternehmen, die vom und am Wasser leben, jedes Fünfte hat bereits mehr als zehn Mitarbeiter, sagt IHK-Geschäftsführerin Rita Fleischer. „Die Unternehmen wachsen mit den Wasserständen.“
Um weitere Investoren zu werben, wurde eine Internetseite geschaltet. Sie hatte bereits mehr als 5 000 Besucher aus 31 Ländern. Die Messe- und Buchstadt Leipzig macht sich damit auch auf den Weg zu einer Wassersportstadt.
Wie es allerdings künftig vorangeht, ist unklar. Die Verantwortlichen in der Region bangen derzeit um Millionenzuschüsse des Freistaates und des Bundes. Ein altes
Förderpaket, durch das bislang rund sieben Millionen Euro jährlich investiert wurden, läuft nächstes Jahr aus. Ein neues Abkommen für die Zeit ab 2013 muss noch verhandelt werden, sagt Andreas Beikner vom Planungsverband West Sachsen. Nötig für die wichtigste Vorhaben wären 30 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren. Erste Signale aus Dresden, so Berkner, seien aber positiv.
Ungeklärt ist auch der Dauerstreit, ob es eine Erlaubnis für private Motorboote auf den Leipziger Wasserstraßen geben soll oder nicht. Während Kommunalplaner und Tourismuswirtschaft freid Fahrt für Motorboote wünschen] befürchten Naturschützer Schäden an den sensiblen Ökosystemen. Der Sprecher der Steuerungsgruppe: Neuseenland, Landrat Gerhard Gey (CDU), gibt sich daher vorerst diploi matisch: „Wir wollen gemeinsame Eckpunkte formulieren, wie wd uns den Gewässerverbund vorstellen.“ Wenigstens bis zum Beginn der nächsten Freiluftsaison ist damit erst mal Ruhe eingekehrt.
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